Frédéric Beigbeder

39.90

Inszenierung: Burkhard C. Kosminski
Bühne:
Florian Etti
Kostüme: Uta Baatz
Filmregie: Tobias Meinecke
Dramaturgie:Ingoh Brux

Uraufführung 21.11.2001 im
Düsseldorfer Schauspielhaus

Besetzung:
Octave Parango: Thomas Dannemann
Alfred Duler: Artus-Maria Matthiessen
Charlie Nagoud: Thomas Meinhardt
Jean-Francois: Klaus Rodewald
Philippe: Tim Egloff
Marc Marronnier: Winfried Küppers
Enrique: Jean-Laurent Sasportes
Tamara: Dominique Siassia
Mrs. Ward: Claudia Burckhardt
Sophie: Silke Bodenbender

clips
 


Pressestimmen:

„…Wenn man Burkhard C. Kosminskis Schaffen der vergangenen Monate ansieht, kann man sich des Verdachtes nicht erwehren, dass er Skandale, Bestseller und Preisgewinner liebt, besonders wenn sie aus anderen Kunstsparten kommen….“
„…Angry young Systemschwein
Thomas Dannemann tänzelt als hyperaktiv verkokster Confrencier vor dieser Bühne auf und ab: „Ich heiße Octave und kaufe meine Klamotten bei APC. Ich bin Werber, ja ein Weltverschmutzer. Ich bin der Typ, der ihnen Scheiße verkauft.“ Es rattert aus ihm heraus, ein Monolog des angry young Systemschweins, das die Welt in seine Sloganmaschine wie in Klarsichtfolie verpackt, in krosse Formulierungshappen über Beziehungskatastrophen und kokszerstörte Nasenschleimhäute, über doe emotionale Vergletscherung ringsum und den kümmerlichen Lebensrest: Sophie der er verlassen hat, weil sie ein Kind bekommt, Tamara, die wunderschöne Hure, mit der er nkicht schläft, weil er sie liebt, irgendwie. Und Charlie, seinen Kollegen, der zur Entspannung monströse Internetseiten durchklickt und mit dem zusammen er am Ende einen Mord begeht.
In einer Sitzung seiner PR-Agentur wird Alfred Duler seinen Mitarbeitern irgendwann erklären: „Verkaufen Sie die Kunden nicht für blöd, aber vergessen sie nie, dass sie es sind.“ Kosminski und sein Dramaturg Ingoh Brux beherzigen diese Lektion von Anfang an, kaum dass die Wörter Totalitarismus und Humanismus fallen, lassen sie Octave sagen: „Kommen paar Fremdwörter vor, aber versteht man trotzdem, glaub ich.“ Gelächter im Publikum.
Kosminski setzt auf den schnellen Witz Beigbeders. …“
„…Eine formale Übernahme aus dem Roman freilich gerät zum Glücksfall: Beigbeders Buch wird durch Werbepausen unterbrochen, Clips, die den jeweiligen Stand der Handlung paraphrasieren. Auch Kosminski und der Webefilmer Tobias Meinecke blenden immer wieder lustige absurde Werbeclips über das Parfüm Whore aus dem Hause Bordell oder den Jesus-Jogurt ein. Vor allem aber nutzen sie das einmal etablierte Medium Film, um ökonomisch zu erzählen, was draußen, außerhalb der kleinen Welt aus Loft und Büro passiert: von Octaves Rache am System, wenn er mit seinem Blut die Agentur besudelt, und dem absurden Mord an der Witwe in Florida….“

Süddeutsche Zeitung


Die wahre Welt hinter der Warenwelt?
…“Ich esse Danone und hasse Danone“, sagt der vom Skandal- zum Starautor aufgestiegene Frédéric Beigbeder, denn er ist „gleichzeitig fasziniert von dieser Welt und angeekelt“, und entsprechend zwiespältig stattet er Octave aus, den ebendiesem Dilemma zu entfliehen suchenden Protagonisten seines Romans „39,90“. Regisseur Burkhard Kosminski und Dramaturg Ingoh Brux haben hieraus eine Bühnenfassung erstellt, die jetzt im Kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspiels mit ungemein beeindruckendem multimedialem Aufwand uraufgeführt wurde.“…

Rhein Neckar Zeitung

 

Ein Chamäleon auf Kokain
„Wollt ihr den Totalen Joghurt?“ Keine Idee ist zu dreist, zu doof, zu abgefahren, wenn es um die Vermarktung des „Maigrelette“ Joghurt geht. „Fettarmer Joghurt – denn schlank macht schlau“, dichtete Werbetexter Octave Parango. Er produziert kollektive Träume, ein Seelenverkäufer in einer seelenlosen Welt. 39,90 kostet durchschnittlich ein gebundenes Buch, „39,90“ nennt sich auch Frédéric Beigbeders Erfolgsroman, der Europa von Frankreich im vergangenen Jahr überrollte. Nun hat das Düsseldorfer Schauspielhaus die Bühnenfassung von Ingoh Brux und Burkhardt C. Kosminski, der auch Regie führte, im kleinen Haus uraufgeführt.
„Ihr Begehren ist nicht mehr Ihres: Ich zwinge Ihnen meines auf. Ich entscheide heute, was Sie morgen wollen“, verkündet der Werbeprofie Octave (Optimalbesetzung: Thomas Dannemann). Alle sind für ihn käuflich nur auf die Taktik komme es an im (vermutlich teuren) schwarzen Schlabberanzug, roten Turnschuhen und fettstränigem Haar gibt er sich einen Kreativkick nach dem anderen. Um nicht Schnee von gestern zu sein, genehmigt er sich hin und wieder eine Nase – „ein Chamäleon auf Kokain“. Das Büro gleicht einem Weltraummodul (Bühne: Florian Etti): eine rot-samtene Liegestädte dient der Ideenproduktion, der Punchingball, wenn diese ausbleibt. Im Joghurt- Wahn vergisst der Yuppi alle und alles um sich herum sucht die Einsamkeit. Unfähig zur Liebe, verlässt er seine schwangere Freundin („In meinem Z3 ist kein Platz für einen Kindersitz“) und rettet sich in Ironie. Gefühle zählen nicht, auch nicht die wa(h)re Liebe. Die Prostituierte Tamara (beeindruckendes Debüt: Dominique Siassia) wird zu einem Spielzeug in den wenigen freien Stunden. Per Videokamera, mit der er seine Realität filtert sucht er sich Tamara aus dem Publikum aus.
Kunstvolle Filmeinspielungen (Tobias Meinecke) gestaltet auf 10 Leinwänden einen nicht unbedeutenden Teil des Abends. Regisseur Kosminski setzt auf dieser Metaebene das Geschehen außerhalb der Bühne fort, spult (Werbe-) Ideen aus Octaves Kopf ab eröffnet Assoziationsräume, manipuliert Wirklichkeit…“
…“Von seinen geschliffenen Dialogen lebt Beigbeders „39,90“. Auf herrliche Weise kolportiert er die Sprache der Werbeleute mit all ihren Anglizismen („Die Brand- Review in diesem hart umkämpften Markt hat gezeigt, das wir auf die Double Insight ´Schönheit plus Gesundheit´ zielen müssen“). Selbst jahrelang in der Werbebranche tätig, rechnet der junge Autor mit ihr ab kaut auf köstliche Weise Klischees durch, die die erschreckende Realität nur um zu klar widerspiegeln. Er trifft nicht nur den Kern dieser berechnend- kalten Branche, sondern auch einer Gesellschaft, die diese hervorgebracht hat und braucht.
Als Ausweg dient der Freitod: Um Octave herum verabschiedet sich einer nach dem anderen freiwillig auf das „Ghost Island“ der Toten. Dort trifft man etwa „Elvis Presley, wie er mit Kurt Cobain und Jimi Hendrix Country Songs komponiert“, meint Octave. Doch noch muss er wohl noch etwas weiter mitmischen im Glamourgeschäft der unerfüllten Sehnsüchte. Nachdenklicher Applaus mit Bravos für den Hauptdarsteller und die Regie.

Westdeutsche Zeitung

 

..“Die Atmosphäre strotzt vor Dichte….“

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

 

„Bis aufs Blut“
Allgegenwärtig ist sie: Die Werbung. Aber was sich hinter den Kulissen der Werbungsmacher so abspielt, das zeigt uns die dramatisierte Fassung des Bestsellers von Frédéric Beigbeder. Harte Wahrheiten.
Der französische Autor weiß wovon er spricht, ist er doch selber aus der Branche, die Träume verspricht und Wünsche produziert. Bis 39,90 in den Bücherregalen auftauchte. Dies besiegelte das Ende seiner Karriere – zumindest auf dem Gebiet der Werber. Und so ist auch die Inszenierung von Burkhard C. Kosminski gespickt mit
bitteren Realitäten. Der in der Werbebranche tätige Octave, ein von Thomas Dannemann überragend facettenreich dargestellter hektisch-fahriger und (natürlich) kokainsüchtiger Zeitgenosse, gewährt einen tiefen Einblick in die Abgründe seines Business. Als Ideenproduzent ausgepumpt, mutiert Octaves Hirn zu einer Sloganmaschine, die fortwährend Werbesprüche ausspuckt. Geld regiert auf dem sachlich modern dekorierten Schauplatz (Bühne Florian Etti), Coolsein wird zum Lebensmotto. Octave, eine stereotype Figur, die eigentlich aus diesem Wahnsinn ausbrechen will, besitzt nur noch rudimentäre menschliche Züge. Jeder Mensch ist käuflich, und um dies zu untermauern, schreckt der Hauptdarsteller auch nicht davor zurück, einen Freiwilligen aus den Zuschauerreihen zu bitten – für sexuelle Dienste, die natürlich finanziell honoriert werden. Verführung und Manipulation sind die Schlagworte, mit denen nicht nur in der Werbewelt, sondern auch in dem von Kosminski entworfenen Szenarium um die Gunst der Konsumenten gebuhlt wird.
Mit Projektionen, Kurzfilmen und passenderweise natürlich auch kurzen Werbeunterbrechungen geht es hier zur Sache. Der Regisseur spielt mit dem Publikum, das Täuschungen unterliegt und bitterböse Überspitzungen serviert bekommt. Mord und Selbstmord finden per Video den Weg in den Theatersaal. Zwei intensive Stunden zwischen Realität und Schein; ein Abgesang auf den Konsumrausch.

Coolibri

 

Multimedia-Mischung
…“Kaum ein Jahr liegt der Verkaufserfolg von Frédéric Beigbeders Roman „39,90“ in Frankreich zurück, schon ging in der Werbestadt Düsseldorf die Uraufführung einer dramatisierten Fassung über die Bühne. Genauer: über Bühne, Leinwand, Internet. Die Regisseure Burkhardt Kosminski (Bühnenspiel) und Tobias Meinecke (Filmszenen) servieren eine Multimedia-Mischung aus Theater, Film und sogar Leistung. Selbstverständlich unterbrechen Webespots die Handlung, manchmal liefern sie auch die Handlung"
…“Thomas Dannemann spiel diesen Octave mit reicher Registratur: wortakrobatisch, verzweifelt, charmant, geil, brutal, einfühlsam, niedergeschlagen, grübelnd, philosophierend. Und immer wieder sich in seiner Ratlosigkeit ans Publikum wendend. Das, wie gesagt, sitzt mit im Boot."…“Kosminski ist ein gerissenes, sogar aufregendes Spiel mit den verschiedenen Medien gelungen. Bühnenhandlung setzt sich im Film fort, Filmhandlung setzt sich im Film fort, Filmhandlung auf der Bühne.“…

Rheinische Post