Peter Michalzik
(mit Monologen von Nektarios Vlachopoulos)

Spiel ohne Grenzen


Inszenierung: Burkhard C. Kosminski
Bühne:
Florian Etti
Kostüme: Ute Lindenberg
Musik:
Emmanuel Owunungo/Adnan Rajibi
Video: Nils Blumenkamp
Film: Belal Mahfouz
Projektkoordination: Maya Maurer
Dramaturgie: Carolin Losch


Uraufführung
am 1. November 2016

Studio Werkhaus, Nationaltheater Mannheim

Besetzung:
Moderator: Klaus Rodewald
Moderator und Slam Poet: Nektarios Vlachopoulos
Experte: Sven Prietz
Gast: Belal Mahfouz
Gast: Emmanuel Owunungo
Gast: Adnan Rajibi

 

 

 


Pressestimmen:



Kräftig brodelt die Verschwörungssuppe

Das Nationaltheater Mannheim wirbelt beherzt unsere Klischees und Weltbilder zur „Migrationskrise“ durcheinander Gefahndet wird von der Polizei nach einem entlaufenden Gerücht, das groß werden und wachsen will. Dazu bedarf es eines Körpers, dem es dafür eine Geschichte gibt. Sozusagen eine Win-Win-Situation, wenn … ja, wenn das Gerücht doch eben nicht so falsch oder, wie man nun sagt, „postfaktisch“ wäre. Wie es zu derartigen Begegnungen zwischen Geflüchteten und deren westlich konstruierten Erzählungen kam, erzählt die gallige Satire „Spiel ohne Grenzen“ aus der Feder des Theaterkritikers und Autors Peter Michalzik.
Vorneweg: Es ist ein fantastischer Text, ein Feuerwerk der Pointen und Polemik, ein bisweilen zum Schenkelklopfen einladendes Kabarett, das sehr genau den Zustand der deutschen Gesellschaft erfasst. Wir befinden uns in Burkhard Kosminskis Uraufführung in der titelgebenden Fernsehshow, wo so alles zusammengeführt wird, was sich seit dem vermeintlichen „Migrationsansturm“ im vergangenen Jahr im Umlauf befindet: die angebliche Massenvergewaltigung, die „Islamisierung des Abendlandes“, die „Überfremdung“, die AfD, die – wie wir an diesem Abend erfahren – nicht nur den Zuzug reduzieren möchten, sondern zudem durch die Beseitigung des „Gender-Wahns“ die Haushalte konsolidieren zu können glaubt.

Wenn die stets mit dem Publikum interagierenden Moderatoren – hinreißend gespielt von Klaus Rodewald und dem Poetry-Slammer Nektarios Vlachopoulos – loslegen und ihre zynischen Knaller zum Besten geben, geraten die verfestigen Diskurse und Stereotype der Gegenwart durcheinander. So zum Beispiel in einem Witz, der vom Aufeinandertreffen eines Amerikaners, eines Nazis, eines Relativisten, eines Griechen und vieler anderer nach einem Terrorakt in der Hölle erzählt: „Der Jude tritt mit erhobenem Zeigefinger hervor und sagt: „Jemand hat in den Fahrstuhl gepupst!“, „Er war´s“, ruft der Palästinenser und zeigt … zurück auf den Juden. „Ja, er war´s!“, sagt auch der Österreicher. „Den Fahrstuhlpups hat´s nie gegeben“, sagt der Ostdeutsche. „Ich bin brüskiert!“, sagt der Westdeutsche. „Ich bin Batman“, sagt Batman. Sagt der Ukrainer: „Die Moslems! Das waren die Moslems! Sowas machen die. Die kommen aus einem ganz anderen Kulturkreis.“ Sagt der Moslem: „Ich bin deutscher Staatsbürger…“ Alle lachen.“
Es ist ein Spiel mit Positionen und Klischees, denen der Boden entzogen wird, eine Erschütterung unserer Normauffassungen und vermeintlich widerspruchsfreien Wertsphären. Und das alles live und in der Migrantenstadt Mannheim! Als wäre es ein Idyll für Multukulti, präsentiert ein nicht näher vorgestellter Belal Mahfouz selbst gedrehte Werbevideos über die Neckarmetropole. Während hier noch zuckersüß das Paradies der Kulturen beschworen wird, lässt ein anderer Einspieler von der Gründung eines Parteiablegers der AKP schon wieder Skepsis aufkommen.
Ist das wahr, was wir hier sehen? Mit dieser Frage treibt die Inszenierung ein kluges Rätselspiel, das uns die eigene Paranoia und Manipulationsanfälligkeit eindringlich vor Augen führt. Denn allzu kräftig brodelt die Verschwörungssuppe. Spätestens, als Klaus Rodewald aus dem Bühnenhintergrund mit Haube und Schürze einen Kochstudiowagen mit der Aufschrift „Gerüchteküche“ vorschiebt, wird richtig aufgeheizt. „Lügenpresse“ (eigentlich Basilikum) und „Tetrapack“ (Salz) werden mit einer Barbiepuppe im Topf zu einem Brei aus Sexismus, Rassismus und Nationalismus verrührt: Hat die AfD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg tatsächlich 30 Prozent in Schönau eingefahren? Wurde von Geflüchteten auf die Hausfassade einer verängstigten Mannheimerin tatsächlich „Ficki Ficki“ gesprayt? Und gibt es Bartträger, die keine Salafisten sind? – solcherlei groteske Geschichten entstehen auf einem schmalen Grat zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Fakt ist in diesem postfaktischen Theater nur, dass nichts so fragil ist wie die Vorstellung einer deutschen Leitkultur. Angesichts dieses freudig-bitteren, und hervorragend inszenierten Chaos am Nationaltheater bleibt immerhin eine sichere Erkenntnis: Im Reigen der Absurditäten und Gerüchte braucht es vor allem Humor.

(neues deutschland. Sozialistische Tageszeitung, 06.12.2016)



In der Gerüchteküche

Peter Michalziks „Spiel ohne Grenzen“ am Nationaltheater Mannheim konfrontiert uns mit Vorurteilen und Behauptungen rund um das Thema Flüchtlinge. Und denkt nicht daran, uns zu sagen, wie wir darüber denken sollen. Ein giftiger kleiner Abend ist das, der uns nur auf den ersten Blick leicht davonkommen lässt. Das Publikum muss beim „Spiel ohne Grenzen“ nicht mitmachen – könnte aber, wenn es wollte, nämlich Fragen beantworten, Einschätzungen geben und auch den stoischen Nigerianer Emmanuel Owunungo umarmen, der mit einem entsprechenden Schild bereit steht. Alles, fast alles bleibt jedoch auf der Bühne. Das ist gut für Sozialphobiker und gewissermaßen auch typisch Deutsch, wenn man dem Syrer Belal Mahfouz folgt, dem es hier gefällt, wie er sagt, und der auch nichts dagegen hat, dass die Deutschen „so etwas eckig“ sind.
Nicht das Vorurteil jedoch, jedenfalls nicht nur das Vorurteil steht im Mittelpunkt der nächsten 80 Minuten, sondern die damit eng verwandte Gerüchteküche. Ohne Gerücht so gut wie keine anständige Theaterhandlung, insofern ist es nicht erstaunlich, dass der Theaterkritiker (und frühere FR-Theaterkritiker) Peter Michalzik den Text zum „Spiel ohne Grenzen“ erarbeitet hat. Der Mannheimer Slampoet Nektarios Vlachopoulos liefert seine eigenen „Monologe“ dazu, freche, geschwind lyrische Kabaretteinlage.
Burkhard C. Kosminski hat für das Studio des Nationaltheaters Mannheim ein lässiges Potpourri daraus gebaut. Gemein ist es auch, zu uns, zu den Menschen und Figuren auf der Bühne. Die Darsteller sind sie selbst, aber nicht nur. Vlachopoulos hat also gar keine Lust, sich von dem Moderator Klaus (Klaus Rodewald) auf seinen griechischen Migrationshintergrund festlegen zu lassen. Weiterhin wird er munter bedrängt – zweifellos nicht mehr als andere Deutsche, die sich bitte sehr als „Griechen“, „Russen“, „Türken“ zu politischen Fragen äußern sollen und es gelegentlich auch tun, klar, ist bei Vlachopoulos auch so. Schließlich fragt er, ob er nicht bloß hier sei, weil man eben jemanden mit Migrationshintergrund gebraucht habe für so ein Stück. Und am Mannheimer Schauspiel gebe es keinen.

Ist das jetzt einfach nur komisch, oder ist es nicht die nackte Wahrheit? Und ist es nicht auch ein bisschen unverschämt, wenn Owunungo schnell von der Bühne komplimentiert und auf den verabredeten Platz verwiesen wird? Und ist es nicht auch ein bisschen seltsam, dass man das ein bisschen unverschämt findet, weil Owunungo der Flüchtling ist? Rodewald und Vlachopoulos, später noch mit dem Schauspieler Sven Prietz als „Experten“ lesen vor und besprechen teils hanebüchene Gerüchte, teils glaubwürdige Gerüchte und teils Nachrichten. Die vielen Mannheim-Interna können einen als Frankfurter nicht verblüffen, man kennt sich gleich aus. Owunungo und der junge Iraner Adnan Rajabi rappen zwei Runden. Der syrische Filmemacher Mahfouz zeigt seinen freundlichen Mannheim-Film. Die Theatermacher hatten die Idee, ihn auch um einen Beitrag über Schönau zu bitten, offenbar sozial problematisches Mannheimer Terrain. Großartigerweise lässt sich Mahfouz darauf gar nicht ein. Hübsch und sommerlich ist sein Schönau, er schaut sich die Kirchen an, einen Obstladen. Ihm sei schon klar, sagte er im Studio, dass wir seine Sichtweise lustig fänden.
Ist es doof, über seinen Film zu lachen? „Spiel ohne Grenzen“ denkt nicht daran, uns zu sagen, wie wir darüber denken sollen.

(Frankfurter Rundschau, 04.11.2016)



Pfeffer aus der Gerüchteküche

Nirgendwo sind die Herdplatten so heiß wie in den Gerüchteküchen. Und nirgendwo sonst verbrennt man sich so leicht die Finger und die Lippen wie in solchen Lokalitäten, in denen es brodelt und stinkt. In Gerüchteküchen werden Menüs für die schlimmsten Stammtische und (a)sozialen Netzwerke zubereitet, wobei sich die Köche an Rezepten orientieren, die besonders viel Pfeffer oder Chili vorschreiben, wenn rassistische Ressentiments, Verschwörungstheorien oder plumpe Hetze aufgetischt werden. Seit die Debatte über Asylsuchende nicht mehr von einer Sympathiewelle getragen wird, sondern ein dumpfes Gefühl der Angst regiert, schießen die Gerüchte noch mehr ins Kraut.
Grund genug für den Kulturjournalisten Peter Michalzik, mit seinem Stück „Spiel ohne Grenzen“ gegenzusteuern. Er tut dies nicht in Form einer drögen Belehrungsetüde. Stattdessen setzt Michalzik auf die Wirksamkeit seines fast schon kabarettistischen Sprachwitzes. Uraufgeführt wurde sein „Theater der Gerüchte“, so die Genrebezeichnung, unter der Regie des Mannheimer Schauspiel-Intendanten Burkhard C. Kosminski im Studio des Nationaltheaters.

Der Titel verweist auf die alte Fernseh-Show „Spiel ohne Grenzen“, ausgestrahlt von den 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren, also zu einer Zeit, als das harmlose Entertainment-Format noch die Funktion eines wärmenden Kaminfeuers für die ganze Familie hatte. Tempi passati! Heute geht es im öffentlichen Diskurs nicht mehr gefühlig zu, sondern es wird in den diversen Gerüchteküchen gehetzt und gelogen, dass sich die Haare sträuben und die Balken biegen. Genau das führt die kleine Mannheimer Produktion vor Augen.
Klaus Rodewald parodiert jenen Moderatoren-Typus, der das Charakterfach „Schleimscheißer mit Charme“ beherrscht. Er tut dies perfekt grinsend. Im Gespräch mit einem Gerüchte-Experten, gespielt vom spitzfindig argumentierenden Sven Prietz, tischt der Moderator ein Gerücht nach dem anderen auf, fast alle mit Mannheimer Lokalkolorit. Beispielsweise auch die Mär, dass Anfang des Jahres am Mannheimer Wasserturm eine junge Frau vergewaltigt worden sein soll. Das wurde seinerzeit heiß diskutiert, stellte sich aber als ausländerfeindliche Lüge heraus.

Konzeptionell folgt der Abend jener Linie des migrantischen und postmigrantischen Theaters, die Shermin Langhoff am Berliner Maxim-Gorki-Theater pflegt. Michalzik und Kosminski imitieren sie nicht in plumper Weise, sondern zappen sich mit Niveau durch lauter Mannheimer Befindlich- und Empfindlichkeiten. Nektarios Vlachopoulos gibt dem Ganzen als Slam Poet eine höhere sprachliche Weihe, und das Trio Belal Mahfouz, Emmanuel Owunungo und Adnan Rjabi verdeutlicht filmisch, rappend oder erzählend, wie groß die Bandbreite von Flüchtlingsschicksalen, von individuellen Erfahrungen, Freuden und Verbitterungen in Mannheim ist. 170 Ethnien sind hier zu Hause – und noch viel mehr Gerüchte.

(www.die-deutsche-buehne.de, 03.11.2016)



Ertappt und beschämt

Einen der wichtigsten Momente dieses Theaterabends liefert der Syrer Belal Mahfouz mit seinem Filmbeitrag über die Schönau. Ein Mannheimer Stadtteil, wir erinnern uns, in dem die AfD bei der vergangenen Landtagswahl 30,1 Prozent der Stimmen holte. Auf der Projektionswand im Studio Werkhaus des Nationaltheaters sehen wir Bilder nach Art eines Image-Films - fröhliche Musik, tanzende Menschen vor dem Jugendhaus, Mahfouz, wie er von der Geschichte des Stadtteils erzählt. Ist das ironisch gemeint, naiv oder post-irgendwas? Dann sagt der Filmemacher: "Ich habe schon gemerkt, dass ihr die Schönau ärmlich und ein bisschen peinlich findet. Die Schönau, mit ihren Harz-IV-Bewohnern und AfD-Wählern. Und dass ihr es lustig findet, wenn ich die Schönau schön finde. Aber ich habe trotzdem manchmal das Gefühl, dass ihr euer Land nicht kennt."
Man fühlt sich ertappt, beschämt und erinnert sich an eine der vornehmsten Aufgaben des Theaters, die Peter Michalziks von Burkhard C. Kosminski inszeniertes Stück "Spiel ohne Grenzen" hier erfüllt: unsere Perspektiven und Wahrheiten in Frage zu stellen, uns vom Thron der Selbstgefälligkeit und Borniertheit zu stoßen. In Gestalt einer "Verwirrungs- und Aufklärungsshow" setzt sich die Uraufführung mit Entstehung, Naturell und der perfiden Wirkungsmacht von Gerüchten ("Wahr oder falsch? Gut oder schlecht?") auseinander.
Klaus Rodewald mimt fabelhaft den Showmaster, mit einer Mischung aus gewandter Kompetenz, gefälliger Anbiederung und völliger Ignoranz. Sven Prietz gibt mit gelehrter Expertise den Gerüchte-Experten und Nektarios Vlachopoulos glänzt als Moderator ebenso wie als Slam-Poet. Als Gäste begleiten Emmanuel Owunungo und Adnan Rajibi - Teil des Mannheimer "Rapfugees"-Projekts - das "Spiel ohne Grenzen" gekonnt auch musikalisch. Ein Format, das viel, vielleicht etwas zu viel auf einmal will, aber auch viel erreicht: Es bewegt, es macht Angst. Und es hat Geist und Witz.

(Mannheimer Morgen, 03.11.2016)



Neues aus der Gerüchteküche

Noch bevor die Flüchtlingsmassen eintrafen und Deutschland in Aufregung versetzten, hat das Mannheimer Nationaltheater im vergangenen Jahr ein mehrteiliges Flüchtlingsprojekt gestartet. „Spiel ohne Grenzen“ heißt die Fortsetzung, deren Uraufführung nun im Studio Werkhaus zu sehen war.
Im Stil einer Fernsehshow umspielt das Stück von Peter Michalzik in einer lockeren Szenefolge ein einziges Thema: das Gerücht.
„Spiel ohne Grenzen“ hieß in den 1960er und 1970er Jahren ein beliebtes Fernsehformat, bei dem Städte einen sportlichen Wettkampf austrugen. Das „Spiel ohne Grenzen“, das der Autor Peter Michalzik nun für das Nationaltheater erdacht hat, lehnt sich dagegen eher an das Lieblingswort des Dramatikers Ödön von Horvath an: Nichts gebe so sehr das Gefühl der Grenzenlosigkeit wie die Dummheit. Der Dummheit hinzuzufügen wäre noch die Bösartigkeit. Ein paar solcher dummer und bösartiger Gerüchte setzt das Stück selbst in die Welt, andere greift es auf.
Da heißt es etwa, auf dem Paradeplatz sei das Blut geschächteter Schafe und in einem Mannheimer Stadtteil seien Federn geschächteter Schwäne gesichtet worden. Oder: Seit die Flüchtlinge in der Stadt seien, sei alles viel schmutziger geworden. Selbstverständlich lässt sich Peter Michalzik auch die Geschichte von der Verwaltigung einer Frau durch einen Flüchtling am Wasserturm nicht entgehen, die sich als komplett erfunden herausgestellt hat. Ein Gerücht ist eben ein fürchterliches Monstrum. Es verbreitet sich wie eine Epidemie, heißt es einmal.
Regisseur Burkhard C. Kosminski setzt Michalziks Texte als eine beschwingte glitzernde Fernsehshow in Szene. Klaus Rodewald mimt den stets freundlich grinsenden, dabei aalglatten Moderator, der auch schon einmal eine Gerüchteküche auf die Bühne schiebt. Wie in einer Kochshow schüttet Schauspiel Sven Prietz dann die Zutaten in den Topf und versucht währenddessen Gerüchten auf den Grund zu kommen. Selbstverständlich vergeblich. Eine tragende Rolle hat auch Nektarios Vlachopoulos, Gewinner der Spam Poetry Meisterschaft in Hamburg vor fünf Jahren. Er darf auch, maskiert als ein nur gerüchteweise existierender AfD-Abgeordneter, seinen Senf zu der Frage dazugeben, ob der Islam zu Deutschland gehört. Wenn Vlachopoulos rappt, dann auf Deutsch.
Wenn jedoch der Iraner Adnan Rajibi rappt, dann in seiner Muttersprache Farsi. Emmanuel Owunungo singt in einer weiteren Einlage auf Englisch ein Lied mit dem Titel „Rumours“ (Gerüchte). Wenn der junge Mann aus Nigeria sonst nicht grade mit einem Schild vor der Brust herumläuft, mit dem er um eine Umarmung bettelt, liegt er auch schon einmal wie ein Obdachloser schlafend auf dem Boden.

Die Hauptrolle in der Show spielt jedoch Mannheim. „Alle Flüchtlinge wollen nach Deutschland, alle wollen nach Mannheim“, so stimmt Moderator Rodewald das Publikum gleich am Anfang gerüchteweise ein. Der Syrer Belal Mahfouz hat einen Film über Mannheim gedreht, auf Arabisch mit deutschen Untertiteln. Weil aber in seinem Trailer der Schmutz und die hässliche Seite der Stadt nicht vorkommen, muss er noch einen Film über den Stadtteil Schönau nachschieben. Darin singt dann eine verschleierte Frau auf Arabisch in einer Kirche, und der syrische Filmemacher bekennt hinterher: „Ich finde es schön, dass die Deutschen so gerne arbeiten. Ich mag die Deutschen.“ Deshalb würde er gerne einen Film über den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg drehen und diesen Film dann in seinem Heimatland Syrien zeigen.
„Spiel ohne Grenzen“ spielt witzig und unterhaltsam mit nicht sehr witzigen Themen. Am Ende streut Nektarios Vlachopoulos noch ein paar Zukunftsgerüchte wie das von der Islamisierung Deutschlands und einem künftigen Bundeskanzler Erdogan. Er spricht aber auch die Hoffnung aus: „Noch ist nicht alle Menschlichkeit verloren.“ Oder ist das etwa nur ein Gerücht?

(Die Rheinpfalz, 03.11.2016)