Max Frisch

Stiller

Inszenierung: Burkhard C. Kosminski
Bühne: Florian Etti
Kostüme: Beatrice von Bomhard
Musik: Matthias Schneider-Hollek
Dramaturgie: Jens Groß

Premiere am 21. 1. 2005,
schauspielfrankfurt

Besetzung:
Stiller : Andreas Grothgar
Rolf : Felix von Manteuffel         
Sibylle : Andrea Bürgin
Julika : Leslie Malton
Dr. Bohnenblust : Sven Christoph Prietz

 

 


Pressestimmen:

„..In der Tat bergen Frischs Roman und auch die Bühnenfassung gewaltiges Potential für eine Auseinandersetzung mit der subjektiven Realität, mit Beziehungen und der eigene Identität.
Die intensive Auseinandersetzung des Ensembles mit den Fragen, Denkanstößen und Erkenntnissen, die Frisch liefert, ist im Großen Saal des Schauspiels in einer durchweg überzeigenden Inszenierung förmlich spürbar. …“
„…Zusammen mit Stiller taucht der Zuschauer in dessen Vergangenheit ein – sinnbildlich brilliant verdeutlicht durch das Eintauchen in das große Bühnenbild im Hintergrund, während sich die Szenen in der Gefängniszelle auf einem bunten Teppich auf einer Art „Vorbühne“ abspielen. …“„…Die Geschichte von Stiller birgt hochphilosophische Themen und Kernaussagen. Was ist das „wirkliche Ich“? Was ist es, das die Identität des Menschen ausmacht? Sind es die Handlungen, die Worte eines Menschen oder gehört nicht auch das dazu, was er denkt und fühlt? Aber ist nicht sogar das, was er nicht denkt, sagt und fühlt von Bedeutung? Wer von uns „ist“ schon wirklich das, wofür er von außen gehalten wird? Und trotzdem sind diese Bilder offenbar der einzige mögliche Zugang für zwischenmenschliche Beziehungen. Würden wir nicht alle wahnsinnig werden, wenn wir nicht mehr in Bildern denken könnten? Wir alle wollen uns von uns selbst und den Dingen und Menschen um uns herum „ein Bild machen“.
Trotzdem ist und bleibt es spannend, die Legitimität solcher Bilder in Frage zu stellen: „Du sollst die kein Bildnis machen“ ist offenbar durchaus eine berechtigte Forderung, wenngleich ihre Umsetzung vielleicht unmöglich ist. Das muss kein Widerspruch sein, räumt man ein, dass auch das scheinbar Unmögliche Anspruch hat, in Betracht gezogen zu werden, um herkömmliche Sichtweisen zu überprüfen.
Es geht in „Stiller“ zweifelsohne um Grenz- und Grundfragen der menschlichen Existenz. Themen wie Selbstüberforderung und Selbstentfremdung, die Unfähigkeit sich selbst anzunehmen, sind dabei ebenso relevant wie die Frage nach der Legitimität von Rollen und Rollenzuweisungen.
Stiller ist allerdings nicht nur ein Identitätsroman, er ist auch vor allem ein großer und wichtiger Beziehungsroman, der die Literaturgeschichte geprägt hat. Anatol Stiller wird mit keiner der beiden Frauen glücklich – seiner kranken Ehefrau scheint er auf tragische Weise verbunden zu sein, bei seiner Geliebten Sibylle findet er auch nicht, was er zu suchen glaubt, und scheitert am Ende dennoch mehr an sich selbst als an den beiden Frauen. Die Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse der Protagonisten gehen vollkommen aneinander vorbei. Frisch greift mit seiner Darstellung der Beziehungsproblematik sehr moderne Themen auf und auch seine Auflösung der beiden Frauenfiguren ist spannend und greift seiner Zeit voraus: Während Julika nämlich immer schwächer wird ( in der Romanvorlage stirbt sie zum Schluss) und in ihrer Schwäche Anatol trotz aller Kritik verhaftet bleibt, entspricht Sibylle klar der Rolle der emanzipierten Frau, die sich mit ihrem Mann auf einer ebenbürtigen Ebene auseinander setzt und sich über Rollenzwänge hinwegsetzt. Damit ist Frisch seiner Zeit weit voraus – Rollenwandlung und Emanzipation sind Themen, die hier zwar erstmals zur Sprache kommen, die jedoch erst viel später gesellschaftliche Brisanz erlangen, ebenso wie der ebenfalls thematisierte Realitäts- und Identitätsverlust, der in unserer heutigen Gesellschaft eine so große Rolle spielt…
Stiller repräsentiert damit den ersten Gesellschaftsroman, der aktuelle Themen wie Identität oder Selbstverwirklichung zum Gegenstand hat. …“
„..Trotzdem es um sehr tiefgründige und durchaus ernste Themen geht, ist das Stück durch und durch vergnüglich. Es wimmelt geradezu von originellen Beobachtungen, tiefer Wahrheit, Lebensweisheiten und Aphorismen. Die Botschaft vermittelt sich leicht, zwischen den Zeilen, sozusagen und bleibt doch offen genug für die eigene Auseinandersetzung.
Ungemein beeindruckend in der Rolle des Anatol Stiller ist Andreas Grothgar. Andrea Bürgin brilliert in der Rolle der Sibylle – sehr ausdrucksstark und authentisch versteht sie einen Frauentypus zu verkörpern, dem wir Frauen des 21. Jahrhunderts eine Menge zu verdanken haben. …“

rund-um-rodgau.de

 

„…Eine Theaterfassung von einem mehr als 400 Seiten fassenden Roman scheint ohnehin ein fragliches Unterfangen, doch indem das Buch für diesen Theaterabend als Steinbruch genutzt wird und die Inszenierung einer feinen Skizze zu „Stiller“ gleicht, bekommt die Aufführung als mehr oder weniger dramatischer Auszug unheimliche Dichte. Aus den sich seitenlang hinziehenden Gedankenspiralen presst die Theaterfassung große Sätze übers Leben und die Liebe. Und so weiß man nach diesem Abend plötzlich wieder alles, was man darüber wissen muss und nicht lernen kann. …“

Wiesbadener Kurier

 

„…Denn Kosminski zeigt vor allem (und das einfühlsam) die Abstände zwischen den Personen, ihre Unfähigkeit, wahre Empfindungen zu vermitteln. Alle jonglieren im Innersten mit Bildern, die sich  idealisierend zwischen Ich und Wirklichkeit schieben…“

Mannheimer Morgen

 

„…Kosminski verknüpft sinnfällig die Zeitebenen der von vielen Rückblenden durchbrochenen Erzählung; während auf dem Dreiecksplateau über dem Zuschauerraum Stiller sein Gefängnistagebuch schreibt, rotieren hinten auf der Drehbühne  die labyrinthisch angelegten Schauplätze der Erinnerung. …“
„…Das ist geschickt gemacht…“

Darmstädter Echo


„…Die eindrucksvollste Szene zeigt Stiller und seine lungenkranke Frau Julika (Leslie Malton) auf der Sonnenterrasse in Davos, eine böse, bösartige Abrechnung einer Partnerschaft.
Für Stiller, den Grothgar als unsteten, aggressiven und verzweifelten Menschen spielt, bleibt nur die deprimierende Erkenntnis, „ich habe keine Sprache für die Wirklichkeit“, denn seine neurotische Frage nach einem neuen Ich bleibt nach knapp zwei pausenlosen Stunden guten Theaters unbeantwortet….“

Wetzlarer Zeitung

 

„…Da drängt sich der Verdacht auf, dass hier  ganz gezielt das Frankfurter Bürgertum angesprochen werden soll, das Establishment, dass sich in den Figuren aufs Feinste spiegeln kann. Sollte in der Bedienung des bürgerlichen Selbsthasses, der  - zumindest im „Stiller“ – das einzige noch existierende Gefühl ist, die wahre Absicht dieser Inszenierung liegen, dann war der Abend ein Triumph: Der Applaus war lang und laut…“

NEWS

 

„…Eine famose Seelenrevue über Alltagstrott und Spießertum…“
„..langer Beifall…“

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